Beschreibung
Alle Menschen haben Bedürfnisse, das sind die grundlegenden Dinge, die wir zum Leben brauchen. Ein Smartphone ist kein grundlegendes Bedürfnis, aber wir können damit das Bedürfnis nach Nähe und Kontakt befriedigen.
Wenn ein Bedürfnis erfüllt ist, haben wir dadurch ein angenehmen Gefühl, wir sind dann z.B. geborgen, ruhig, zufrieden. Wenn ein Bedürfnis unerfüllt ist, dann stellt sich ein unangenehmes Gefühl bei uns ein, wir sind dann z.B. gereizt, genervt, traurig.
Gefühle und Bedürfnisse hängen also zusammen. Für unsere Zusammenarbeit sind nicht nur die Arbeitsthemen auf sachlicher Ebene wichtig, sondern auch unsere Bedürfnisse und Gefühle.
Leider ist das Ausdrücken von Gefühlen oder Bedürfnissen kulturell eher verdrängt. Uns fallen hunderte von Fachbegriffen ein, aber wir können unser Gefühl in diesem Moment nicht auf den Punkt bringen.
Da das Mitteilen von Gefühlen und Bedürfnissen der Schlüssel zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit ist, gibt es nachfolgend einige Hilfestellungen um Gefühle oder Bedürfnisse auszudrücken.
Gefühle
Als Menschen haben wir Gefühle in uns, diese sind für uns und unser Überleben wichtig, weil sie unser Handeln beeinflussen. Beispielsweise bringt uns ein starker Hunger dazu, dass wir uns um Nahrung kümmern. Andere Gefühle diesen wiederum unserem Sozialverhalten, schließlich waren Menschen vor vielen Tausend Jahren nur in Gemeinschaften überlebensfähig.
Unsere Sprache kennt tausende von Gefühlen, um die eigenen Gefühle besser ausdrücken zu können, kann diese Übersicht helfen:
Grundgefühl | Gedanken | Gefühle |
---|---|---|
Freude | Das tut gut, das ist genau was ich brauche. | angeregt, ausgeglichen, befreit, begeistert, beruhigt, berührt, dankbar, entspannt, erfreut, erfüllt, erleichtert, euphorisch, glücklich, inspiriert, interessiert, motiviert, stolz, zufrieden, zuversichtlich |
Frust | Meine Mühe ist sinnlos oder ohne Wirkung | demotiviert, entmutigt, frustriert, resigniert, verbittert |
Unzufriedenheit | Es ist nicht, wie es sein sollte. | schlecht gelaunt, unbefriedigt, unzufrieden |
Schuld | Ich habe etwas falsch gemacht. | verantwortlich, verpflichtet |
Einsamkeit | Keiner interessiert sich für mich. | alleine, einsam, zurückgezogen |
Gleichgültigkeit | Ich brauche das nicht. | angeödet, desinteressiert, gefühllos, gelangweilt, gleichgültig, lustlos, teilnahmslos |
Angst, Stress | Das ist schlimm/gefährlich. | angespannt, ängstlich, aufgeregt, aufgewühlt, besorgt, durcheinander, eifersüchtig, eingeschüchtert, entsetzt, gehemmt, gelähmt, gestresst, irritiert, misstrauisch, nervös, schockiert, skeptisch, überfordert, überlastet, ungeduldig, unruhig, unsicher, verwirrt, zweifelnd |
Hoffnungslosigkeit | Das ist unmöglich, man kann nichts tun. | deprimiert, hoffnungslos, mutlos, verzweifelt |
Ohnmacht | Ich kann nichts tun. | blockiert, gelähmt, hilflos, ohnmächtig, überfordert, überlastet |
Scham | Ich bin nicht in Ordnung. | sich schämen, peinlich berührt |
Trauer | Das Verlorene bekomme ich nie wieder. | bedrückt, betrübt, enttäuscht, leer, melancholisch, niedergeschlagen, schwermütig, traurig |
Ärger, Wut | Es ist falsch, das darf man nicht. | abgehängt, aggressiv, angespannt, ärgerlich, aufgebracht, aufgebracht, aufgewühlt, belästigt, bestürzt, die Nase voll haben, durcheinander, empört, entrüstet, erschüttert, etwas satthaben, fassungslos, geladen, genervt, gereizt, hasserfüllt, trotzig, wiederwillig, wütend, zornig |
Bedürfnisse
Bedürfnisse sind uns von Natur aus gegeben, vermutlich können Menschen ohne Bedürfnisse nicht überleben. Es ist daher ganz natürlich Bedürfnisse zu haben und dazu zu stehen.
Wie bei den Gefühlen, gibt es eine Vielzahl von Bedürfnissen. Höre in dich hinein und wähle das Wort, dass dein Bedürfnis am besten ausdrückt:
Kategorie | Bedürfnisse |
---|---|
Entspannung | Bequemlichkeit, Erholung, Frieden, Gemütlichkeit, Gelassenheit, Harmonie, Rückzug, Ruhe, Stille |
Leichtigkeit | Freude, Humor, Lebendigkeit, Spaß, Spiel |
Schönheit | Ästhetik, Genuss, Harmonie, Ordnung |
Abwechslung | Abenteuer, Kreativität, Unterhaltung, Vielfalt |
Selbstbestimmung | Authentizität, Autonomie, Eigenständigkeit, Freiheit, Freiwilligkeit, Individualität, Privatsphäre, Unabhängigkeit |
Wirksamkeit | Effektivität, Erfolg, Kompetenz, Kreativität, Verwirklichung |
Entwicklung | Anregung, Entfaltung, Inspiration, Lernen, Sinn, Verbesserung, Wachstum, Wissen |
Beitragen | Dienen, Geben, Kreativität, Sinnhaftigkeit |
Verbundenheit | Akzeptanz, Aufmerksamkeit, Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit, Erfüllung, Gemeinschaft, Intimität, Kontakt, Nähe, Respekt, Sex, Tiefe, Transparenz, Verbindlichkeit, Verlässlichkeit, Verständnis, Wahrgenommen werden |
Austausch | Kommunikation, Verständigung, Verständnis, Wahrgenommen werden |
Wertschätzung | Anerkennung, Bestätigung, Bewunderung, Dankbarkeit, Respekt |
Dazugehörigkeit | Einbezogen sein, Eigenen Platz haben, Gemeinschaft, Verstädnnis |
Sicherheit | Achtsamkeit, Aufrichtigkeit, Beständigkeit, Diskretion, Ehrlichkeit, Geborgenheit, Klarheit, Ordnung, Orientierung, Privatsphäre, Verbindlichkeit, Vertrauen, Vertraulichkeit |
Unterstützung | Ermutigung, Fürsorge, Hilfe, Rückhalt, Zusammenarbeit, Zuspruch |
Gerechtigkeit | Gleichbehandlung, Gleichwertigkeit |
Balance | Ausgeglichenheit, Ausgewogenheit, Ausgleich, Gegenseitigkeit, Gleichgewicht, Gleichwertigkeit |
Hinweise
- Diese Listen helfen in der Anfangsphase den Wortschatz an Gefühlen und Bedürfnissen zu bereichern und um innere Zustände präziser zu fassen.
- Die häufigste Antwort auf „Wie fühlst du dich?“ lautet „Gut.“ Wobei „gut“ kein Gefühl ist und daher eine Nachfrage sinnvoll ist: „Wie fühlt sich gut bei dir an?“
Quellen
Grundlagen der gewaltfreien Kommunikation
Rosenberg, Marshall B. Gewaltfreie Kommunikation: eine Sprache des Lebens. Übersetzt von Ingrid Holler. 12., Überarbeitete und Erweiterte Auflage. Reihe Kommunikation. Paderborn: Junfermann Verlag, 2016.
Holler, Ingrid, Marshall B. Rosenberg, und Marshall B. Rosenberg. Trainingsbuch gewaltfreie Kommunikation: abwechslungsreiche Übungen für Selbststudium, Seminare und Übungsgruppen. 8., Überarbeitete und Erweiterte Auflage. Gewaltfreie Kommunikation, Band 2. Paderborn: Junfermann Verlag, 2016.
Ich bin bei meiner Recherche zum Thema Bedürfnisse und Gefühle hier gelandet. Die Bundesregierung hat ja ein Strategiepapier mit dem Titel Strategie gegen die Einsamkeit aufgelegt. In unserer Stadt beschäftigen wir uns nun auch damit. Es ist doch schon interessant, wieviele Menschen hier betroffen zu sein scheinen. Ich kann mich nicht erinnern, dass das in meiner Jugendzeit auch so epidemisch war (ich bin Jahrgang 54). Das bringt mich zu der Frage, welche Rolle die Gesellschaft mit ihren Rahmenbedingungen hier eigentlich für den Einzelnen spielt. Und welche Rolle spielt die Digitalisierung, die ja dafür sorgt, dass in vielen Bereichen keine zwischenmenschlichen Begegnungen mehr stattfinden. Dies zusätzlich zu der Entwicklung, dass es kaum noch Familienverbände wie früher gibt und alle verstreut irgendwo leben. Wir leben ja im Kontext unserer Zeit. Zu diesen spannenden Fragen habe ich noch nirgends etwas gelesen.
Wenn so viele Menschen in unserem Land heutzutage denken, keiner interessiert sich für mich macht das sehr nachdenklich. Leben wir überhaupt noch “artgerecht”?
Andrea, vielen Dank für deine Gedanken zu Bedürfnissen und Gefühlen.
In meinem Arbeitsumfeld (IT) tun sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter traditionell schwer mit dem Anerkennen und äußern von Bedürfnissen und Gefühlen. Dennoch habe ich bei Teamentwicklungen gute Erfahrung gemacht, wenn ich in Teams mit einem gegenseitigen Grundvertrauen, die Aufmerksamkeit auf deren Bedürfnisse und Gefühle gerichtet habe.
Ich habe drei Thesen zur Diskussion: 1. Gerade im agilen Umfeld der IT machen viele SCRUM-Master auch Coaching-Ausbildungen um sich diesen Themen anzunehmen. Dadurch wird das Arbeitsumfeld etwas “artgerechter”. 2. Viele Unternehmen wollen das Erfolgsmodell der IT “agil” kopieren, schauen aber nur auf die Methoden und nicht auf die Menschen. Dort interessieret sich dann auch niemand für Bedürfnisse und Gefühle. 3. Je höher man die Unternehmenshierarchie klettert, des mehr werden Menschen auf ihre Rolle im Unternehmen reduziert und die Bedürfnisse der Menschen ignoriert.
Ich glaube mit dem Begriff “artgerecht” hast du den Kern und die Sehnsüchte der New-Work Bewegung auf einen Punkt gebracht.
❤