Teamverpflichtung (Team Charta)

Geschrieben von Peter Klar

Beschreibung

Eine Team-Charta ist ein Dokument, in dem die wichtigsten Aspekte der Zusammenarbeit beschrieben ist (Way of working). Jedes Team etabliert Regeln im Team, die Team-Normen, diese sind meistens ungeschrieben.

Es lohnt sich jedoch, diese Regeln einmal gemeinsam zu entwickeln und aufzuschreiben. Das hat mehrere Vorteile:

  • Durch den Austausch übernimmt man nicht einfach die Normen, die sich aus der Gruppendynamik ergeben habe, sondern kann sich gemeinsam bewußt machen, welche Regeln im Team gelten sollen.
  • Die Regeln bekommen eine höhere Verbindlichkeit, da sie von allen akzeptiert wurden, kann jedes Teammitglied sich auf die Regeln berufen uns die Einhaltung einfordern.
  • Die Regeln können jederzeit besprochen und geändert werden. Ein ungeschriebenes Gesetz läßt sich nicht bewusst weiterentwickeln, geschriebene Regeln erlauben dagegen eine Weiterentwicklung.
  • Die Regeln werden so transparent und können auch von neuen Teammitgliedern schnell übernommen werden.

Teilnahmeverpflichtung

Die Regeln gelten immer bei der Arbeit, insbesondere bei den Team-Besprechungen. Schon als Kinder haben wir gelernt, dass wir nicht lügen und stattdessen die Wahrheit sagen sollen. Dennoch gibt es bei Gericht ein hilfreiches Ritual, das Zeugen daran erinnern soll stets die Wahrheit zu sprechen. Wie aus vielen Hollywoodfilmen bekannt, schwört der Zeuge auf die Bibel stets die Wahrheit zu sagen. Eigentlich unnötig, da diese Regel doch ohnehin immer gelten sollte. Vor Gericht können Lügen schwerwiegende Folgen haben, daher ist dieses Ritual der Vereidigung hilfreich.

Ein ähnliches Ritual empfehle ich allen Team zu beginn von Besprechungen. Das Ritual lautet “Check-in” und “Check-out”. Allerdings nicht in der simplen Form, wo es nur um einen aktiven Start ins Meeting geht, sondern um die Vereidigungs-Variante des Check-in. Beim Check-in wird jedem im Team nochmals die Einhaltung der Regeln bewußt gemacht. Mit den Worten “checked-in” verpflichten sich die Teammitglieder nacheinander zur Einhaltung der Team-Regeln.

Mit einem “checked-out” kann ein Teammitglied während einer Sitzung der Verpflichtung enkommen, wenn es bemerkt, dass es ihm schwerfällt oder nicht möglich ist, die Regeln einzuhalten.

Beispiele für Team-Regeln

Nachfolgend sind ein paar Beispiele für Team-Regeln aus der Literatur aufgelistet. Diese helfen dir eine Vorstellung von sinnvollen Regeln zu entwickeln.

Die Team-Regeln müssen natürlich im Team besprochen und vom gesamten Team ohne Einwände verabschiedet werden. Dabei ist es wichtig, dass das Team jede einzelne Regel bespricht.

Ein Team sollte lieber mit einer kleinen Menge von Regeln starten und diese im Laufe der Zeit ergänzen, als eine Menge “Gesetze” zu verabschieden, an die sich am nächsten Tag schon keiner mehr erinnert.

Teamverpflichtung aus den Core-Protocols

Die dazu passenden “Core Protocols” findest du in diesem Artikel

ICH SCHÜTZE UNSER TEAM

  • Ich wende die Core Protokolle korrekt an.
  • Ich werde niemanden schaden und toleriere nicht, dass jemand zu Schaden kommt, weil er sich dieser Verpflichtungen treu verhält.
  • Ich mache niemals absichtlich eine Dummheit.

ICH BIN OFFEN

  • Ich sage was ich möchte, denke und fühle.

ICH HELFE DAS TEAM VORANZUBRINGEN

  • Ich praktiziere und akzeptiere nur vernünftige, ergebnisorientierte Verhaltensweisen und Kommunikation.
  • Ich schlage eine Idee sofort vor, wenn ich sie habe oder höre (sofern sie besser ist als die derzeit vorherrschende Idee).
  • Ich unterstütze stets die beste Idee, unabhängig woher sie kommt und auch, wenn ich hoffe, dass später eine bessere Idee entstehen könnte.
  • Ich tue jetzt, was schlussendlich getan werden muss.

ICH STEHE NICHT ÜBER DEN ANDEREN

  • Ich strebe an, mehr zu verstehen als verstanden zu werden.
  • Ich spreche immer und nur dann, wenn ich glaube dadurch das Aufwand-Nutzenverhältnis des Teams zu verbessern.
  • Ich nutze vor allem bei schwierigen Aufgaben das Team.

ICH BIN FREIWILLIG DABEI, ICH VERLASSE WENIGER PRODUKTIVE SITUATIONEN…

  • …wenn es mir nicht möglich ist, diese Verpflichtungen einzuhalten.
  • …wenn es wichtiger ist, dass ich mich woanders engagiere.

Gruppenregeln nach Klaus W. Vopel

Abgeleitet aus dem Buch „Handbuch für Gruppenleiter/innen“:

  1. Jeder Teilnehmer gehört zur Gruppe, unabhängig davon, wie er selbst augenblicklich denkt, fühlt oder handelt oder was andere ihm gegenüber denken, sagen oder empfinden. Diese Regel stellt das fundamentale Bedürfnis jedes Teammitglieds, dazuzugehören, sicher. Nur wenn diese Regel respektiert wird, kann ein Team die notwendige psychologische Sicherheit entwickeln. Die Regel verhindert auch eine Cliquenbildung im Team. Der Team Coach muß immer wieder auf diese Regel aufmerksam machen, weil die Teammitglieder sie häufig vergessen, um unbequeme Teammitglieder innerlich und äußerlich auszuschließen.
  2. Ich fühle, was ich fühle. Ich denke, was ich denke. Diese Regel betont die Autonomie des einzelnen. Niemand kann auch nur annähernd exakt sagen, was in einem anderen vorgeht. Oft vergessen die Teammitglieder das und projizieren ihre Gefühle und Gedanken auf andere und üben sich in der schwarzen Kunst des Gedankenlesens und der Wahrsagerei. Jeder Mensch hat allein Zugang zu seinem inneren Leben und niemand weiß mehr darüber als er selbst. Wenn ich sage, daß mein Herz schmerzt, dann kann niemand sagen, daß das falsch ist. Diese Regel rechnet damit, daß ein Teammitglied manchmal durchaus nicht die Wahrheit sagt, entweder, weil er sie nicht kennt, oder weil er sie nicht mitteilen will. Dann habe ich das zu respektieren – ich kann bestenfalls mitteilen: “Ich glaube dir nicht.”
  3. Kontakt kommt vor Konsensus und Kooperation. Diese Grundregel betont, daß erst die einfachsten Kommunikationsprozesse funktionieren müssen, bevor so komplizierte Prozesse wie Konsentfindung und Kooperation gelingen können. Die Teammitglieder jedes Teams haben divergierende Bedürfnisse und Vorstellungen von den Teamzielen. Sie werden sich schneller und zuverlässiger einigen können, wenn sie zunächst untereinander Kontakt herstellen, um eine vitale gemeinsame Basis zu erhalten, auf der dann auch Konflikte leichter ausgetragen werden und Einigungen erzielt werden können.
  4. Ich versuche, so aufrichtig wie möglich zu kommunizieren. Diese Grundregel berücksichtigt die Tatsache, daß ich am schnellsten Kontakt zu anderen herstellen kann, wenn ich aufrichtig mitteile, was ich denke und fühle. Diese Regel ist besonders wichtig für positive oder negative Gefühlsreaktionen, die in unserer Kultur eher unterdrückt werden, und bei ungewöhnlichen Ideen und Gedanken. Durch die Beachtung dieser Grundregel kann das kreative Potential eines Teams stark gesteigert werden.
  5. Ich versuche, so realistisch wie möglich zu sein. Diese Grundregel richtet sich gegen unsere Verteidigungsmechanismen, uns und andere so zu sehen, wie es uns paßt, und nicht so, wie wir und andere wirklich sind. Wenn die Teammitglieder diese Regel beachten, dann tun sie beispielsweise nicht so, als wenn der Team Coach ein Teilnehmer sei; sie geben auch nicht vor, etwas zu wollen, was sie in Wirklichkeit nicht wollen. Sie machen aus ihrem Herzen keine Mördergrube und aus ihrem Kopf kein Orakel.
  6. Was ich hier höre und sage, ist vertraulich. Diese Regel ist umso wichtiger, je offener die Lernprozesse im Team sind. Sie besagt, daß ich nichts von dem, was andere Teammitglieder im Team tun oder sagen, Außenstehenden weitererzähle. Ich spreche Dritten gegenüber nur über Dinge, die allein mich betreffen. Ich nenne keine Namen anderer Teammitglieder oder sage nichts, was eine Identifikation anderer Beteiligter ermöglicht.
  7. Ich rede nicht über andere Teilnehmer, sondern ich spreche sie direkt an. Diese Regel gewährleistet den unmittelbaren kommunikativen Kontakt unter den anwesenden Teammitgliedern. Gleichzeitig verbietet sie, über Dritte zu sprechen.
  8. Ich versuche, möglichst gegenwärtig zu sein, indem ich Kontakt zum Hier und Jetzt halte. Diese Regel betont die Gegenwart, um zu verhindern, daß ein Team in der Vergangenheit herumstochert und historische Archäologie betreibt. Sie soll verhindern, daß ein Team nur für die Zukunft plant und sich Utopien hingibt. Wenn ich mich mit Vergangenheit und Zukunft beschäftigen will, stelle ich immer den Bezug zur Gegenwart her. Auf diese Weise bleibt die Interaktion des Teams lebendig.
  9. Ich spreche per Ich, nicht per Man, Wir oder Es. Wenn ich per Wir oder per Es spreche (“Es ärgert mich” anstatt: “Ich ärgere mich”), dann vermeide ich, verantwortlich und engagiert zu kommunizieren. Diese Regel kann auf erstaunliche Weise verkrustete Kommunikationsstrukturen auflockern und vitalisieren.
  10. Ich vermeide Generalisierungen. Diese Regel ist genauso fruchtbar für lebendige Interaktion wie für eine anspruchsvolle kognitive Arbeit. Je spezifischer ich mich ausdrücke, desto realistischer bin ich.
  11. Ich stelle keine Warum-Fragen, sondern Was- oder Wann-Fragen. Sofern es möglich ist, mache ich klare Aussagen. Wenn eine Frage wichtig ist, nenne ich das Motiv für meine Frage. Diese Regel berücksichtigt, daß viele Fragen manipulativ und verdeckt kritisch sind. Gleichzeitig sollen Informationsfragen so gestellt werden, daß in der Antwort Fakten enthalten sein können und keine Theorien.
  12. Ich bringe Seitengespräche und den Inhalt wichtiger Gespräche mit Teammitgliedern außerhalb der Sitzungen ins Team zurück. Diese Regel soll verhindern, daß das Team fragmentiert und langweilig wird. Seitengespräche während der Sitzungen zerbrechen das Kommunikationssystem des Teams.
  13. Ich kann jederzeit NEIN sagen. Diese Regel garantiert jedem Teammitglied die freie Dosierung seiner Widerstände und die Ausübung seiner Autonomie. Sie muß von Anfang an ausdrücklich mitgeteilt und immer wieder betont werden. Der Team Coach kann zu diesem Zweck immer wieder fragen: “Was willst du jetzt tun? Paßt dir das?” Die Akzeptierung von Weigerungen ist die beste Möglichkeit, die Experimentierfreude aller Teammitglieder anzuregen.
  14. Meine Störungen haben Vorrang. Ich sage von mir aus, wenn ich innerlich nicht beim Team bin. Diese Regel soll die Arbeitsfähigkeit des Teams erhalten, die ja nur so stark ist wie ihr schwächstes Glied. Wenn ein Teammitglied innerlich nicht mitarbeiten will, dann ist das unter Umständen für alle übrigen eine starke intuitiv-wahrgenommene Behinderung. Die Störungsbearbeitung wird so erfolgen, wie es angesichts der Situation möglich und sinnvoll ist. Selbst wenn eine Störung so gravierend ist, daß sie nicht bearbeitet werden kann, fühlen sich in der Regel alle bereits dadurch erleichtert, daß die Störung mitgeteilt wurde.

Weitere Inhalte einer Team Charta

Selbstverständlich kann das Dokument auch mit weiteren Inhalten angereichert werden:

  • Team-Ziele / Purpose
  • Rollen und Rollenbeschreibungen
  • Die Werte des Teams
  • Die Erfolgskennzahlen
  • Qualitätsstandards

Hinweise

  • Das allerwichtigste bei einer Team-Charta ist, dass sie nicht zu einem Dokument wird, das in der Schublade verschwindet. Das Team sollte also Rituale etablieren, die z.B. das laute Vorlesen der Team-Charta (oder Teilen daraus) regelmäßig vorsieht. Gut organisierte Teams können die Überarbeitung der Team-Charta alle 6 Monate einplanen.

Quellen

Vopel, Klaus W. Handbuch für Gruppenleiter/innen: zur Theorie und Praxis der Interaktionsspiele. 13. Aufl. Lebendiges Lernen und Lehren 8. Salzhausen: iskopress, 2012.

Die Core-Protocols
Template einer Team-Charta in Miro
Vorlage für eine Teamcharta: Leitfaden für den Teamerfolg (mit Beispielen)

Fragen und Kommentare

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