Mit diesem Team-Check-in startest du deine Meetings grandios

Geschrieben von Peter Klar

Gleich beim Start einer Besprechung bilden die Teilnehmer ihr Laune - ob sie Lust haben mitzumachen oder sich lieber zäh von der Moderation durch die Inhalte ziehen lassen. Die nachfolgenden Praxistipps kannst du leicht selbst ausprobieren.

Wie startet man gut in ein Team-Meeting? Am besten startest du das Meeting mit dem "Team-Check-in". Dabei geht es noch nicht um inhaltliche Themen, sondern um ein kurzes persönliches Statement für die Runde. Jeder Teilnehmer kommt reihum einmal zu Wort. Danach ist die Stimmung lockerer und die Bereitschaft mitzumachen steigt.

In der trivialen Version besteht der Check-in aus einer einfachen Frage, z.B. "Welches ist dein Lieblingstier?". Bei der Profi-Version werden nicht nur Höflichkeiten ausgetauscht, sondern gleich zu Beginn ein Team-Pakt besiegelt. Nachfolgend schauen wir uns beide Varianten des Check-ins genauer an.

Wie starte ich ein Meeting mit dem einfachen Check-in?

Der Ablauf ist sehr einfach. Jeder Teilnehmer antwortet nacheinander knapp auf eine vom Moderator vorgegebene Frage.

Die Reihenfolge ist dabei nicht wichtig. Am einfachsten ist es, wenn man in einem Kreis oder um einen Tisch sitzt. Dann kann eine Person anfangen und jeweils die benachbarte Person setzt die Reihe fort. Bei Online-Sitzungen fängt eine beliebige Person an und benennt dann einfach die nächste Person, die fortfahren soll. So einfach das klingt, so braucht es ein Mindestmaß an Aufmerksamkeit der Teilnehmer um den eigenen Einsatz nicht zu verpassen. Sollte das passieren, ist meist für Heiterkeit gesorgt.

Das klingt so einfach, dass man kaum versteht, warum der Check-in sinnvoll und ein guter Start ist. Folgende Vorteile hat ein Team durch den Check-in:

  • Jedes Teammitglied hat einmal etwas gesagt, damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie/er sich im Laufe der Besprechung beteiligt.
  • Wir erfahren als Personen Respekt, weil es zuerst um uns als Menschen geht und nicht sofort eine inhaltliche Leistung abverlangt wird.
  • Wir erfahren etwas über die Stimmung der anderen Teilnehmer. Wer ist ungeduldig, müde, angespannt, traurig, neugierig, gelöst, entspannt oder glücklich?
  • Wir erfahren etwas über die gedankliche Präsenz der Teilnehmer. Was ist gedanklich bereits voll in der Runde angekommen, wer ist in Gedanken noch wo anders.
  • Je nach gestellter Frage, erfahren wir etwas persönliches über die anderen Teilnehmer. Was eine gute Basis für Vertrauen ist.

Damit sind wir beim wichtigsten Punkt des einfachen Check-ins: die Frage, die du als Moderator stellst.

Jedes Team braucht andere Fragen

Als Moderator muss du einschätzen, wie gut sich die Gruppe bereits kennt und wie weit das Vertrauen bereits gewachsen ist

Hier ein paar sehr neutrale Fragen, die auch in neuen Gruppen unverfänglich sind:

unverfängliche Check-in Fragen

  • Wie lange bist du im Unternehmen/im Team?
  • Welche Augenfarbe/Haarfarbe hast du?
  • Welche Farbe haben deine Schuhe?
  • In welcher Abteilung/Tätigkeit bist du?
  • Was erwartest du vom heutigen Meeting?
  • Und was ist das zentrale Thema des Meetings?
  • Welches entscheidende Problem wollen wir lösen?

Diese Fragen sind nicht so spannend, weil man recht wenig über die Personen erfährt, bzw. nur ohnehin bekannte Fakten. Wenn das Vertrauen in der Gruppe etwas größer ist, dann darfst du auch etwas persönlichere Fragen stellen. Bitte stelle den Teilnehmern immer frei, wie viel sie über sich preisgeben wollen, es darf kein Gruppenzwang dabei empfunden werden.

Hier Beispiele für persönlichere Fragen, die viel interessantere Antworten ermöglichen:

persönliche Check-in Fragen

  •  Welche Hobbys machst du gerne?
  • Wie weit bist zu jetzt vom Geburtsort entfernt?
  • Was trinkst oder ißt du am liebsten?
  • Welches Tier wärst du heute gerne?
  • Welche Blume ist deine Lieblingsblume?
  • Wie viele Geschwister hast du? Wie oft habt ihr Kontakt?
  • Was ist deine Heimatstadt?
  • Worauf bist du richtig stolz?
  • Welche Herausforderungen hattest du in der Kindheit?
  • Welches war deine erste Arbeitsstelle/erste Führungskraft?
  • Wobei hast du mal so richtig versagt?
  • Welche Farbe ist deine Lieblingsfarbe?

Für den Moderator gibt es zwei wichtige Aspekte:

  1. Jede Person bekommt so viel Zeit, wie sie benötigt.
  2. Nachfragen von Teilnehmern aus Interesse sind okay. Alle Formen der Bewertung und Kommentierung sind zu unterbinden (vielleicht nicht beim ersten mal, aber eben im Laufe der Zeit). Das gilt auch, wenn ein Teilnehmer eine Steilvorlage für einen Witz liefert. Diese beide Aspekte sind wichtig, dass jeder Respekt für die anderen Teilnehmer aufbringt und Vertrauen überhaupt entstehen kann.

Wenn diese grundlegenden Umgangsformen funktionieren, kannst du als Moderator noch einen Schritt weiter gehen. Die nachfolgenden Fragen verlangen von den Teilnehmern eine Selbstoffenbarung ihrer aktuellen Gefühlslage ab. Diese Fragen werden nur bei bereits bestehendem Vertrauen ernsthafte Ergebnisse erzielen:

vertrauensvolle Check-in Fragen

  • Wie geht es mir persönlich?
  • Mit welchem Gefühl bin ich hier?
  • Welche Energie habe ich heute?
  • Wenn ich eine Batterie wäre, wie geladen bin ich jetz?
  • Was ist mein Beitrag zu diesem Meeting?
  • Was beschäftigt mich gerade?
  • Wie war mein Tag bis jetzt?

Es gibt also ein weites Feld mit dem einfachen Check-in zu experimentieren. Schreibe deine Lieblings Check-in-Frage in die Kommentare unten.

Starte grandios mit dem Profi-Check-in für reifere Teams

Eine kleine Warnung vorweg. Diese Variante des Check-ins kann ein Team leicht überfordern. Diesen Check-in kann man nicht einfach mal einführen, er braucht eine längere Begleitung. Er eignet sich also, wenn du als SCRUM-Master oder Moderator mit einem Team länger zusammen arbeitest.

Die Profi-Variante stammt aus den "Core Protocols" von Jim und Michele McCarthy. Die beiden haben sich über 20 Jahre lang mit der Frage beschäftigt, was erfolgreiche Teams besser machen als gewöhnliche Teams. Ihre Ergebnisse haben sie in 11 einfachen Protokollen zusammengefasst - der Check-in ist eines davon.

Der Ablauf ist zunächst sehr ähnlich, ist aber deutlich erweitert.

  • Reihum sagt jeder Teilnehmer, wie er sich fühlt. Also: Ich fühle mich… traurig, glücklich, voller Sorge/Angst, verrückt, aufgewühlt, usw.
  • Dann sagt er oder sie „Ich bin dabei“ oder "checked-in“. Das ist nicht einfach das Signal, dass die nächste Person dran ist, sondern quasi eine verbale Unterschrift. Mit "checked-in" bestätigt die Person, dass sie sich ab sofort an die Teilnahme-Verpflichtungen hält (die Teilnahme-Verpflichtungen erkläre ich gleich).
  • Alle anderen in der Runde antworten mit „Willkommen“
  • Dann ist der oder die Nächste dran.

Von den Teilnehmern wird erwartet, dass sie während dieses Rituals still sind und zuhören, wenn die anderen einchecken. Es ist nicht erlaubt sich auf die Check-In-Angaben eines anderen zu beziehen, ohne dessen Erlaubnis.

Du merkst bestimmt, dass man dieses Ritual nicht einfach nur erklären kann. Die Teilnehmer müssen den tieferen Sinn verstehen und selbst von der Wichtigkeit dieses Rituals überzeugt sein.

Jeder geht diese Verpflichtungen ein, wenn er am Team teilnimmt

Mit dem Profi-Check-in geht jedes Teammitglied einen Vertrag mit dem restlichen Team ein. Diese Vertrag besteht aus den Teilnahme-Verpflichtungen. Grundsätzlich kann das Team diese selbst entwickeln. Erfolgreiche Teams haben sich sinngemäß folgende Teilnahme-Verpflichtungen gegeben:

Unsere Teilnahme-Verpflichtungen im Team:

ICH SCHÜTZE UNSER TEAM

  • Ich wende die Core Protokolle korrekt an.
  • Ich werde niemanden schaden und toleriere nicht, dass jemand zu Schaden kommt, weil er sich dieser Verpflichtungen treu verhält.
  • Ich mache niemals absichtlich eine Dummheit.

ICH BIN OFFEN

  • Ich sage was ich möchte, denke und fühle.

ICH HELFE DAS TEAM VORANZUBRINGEN

  • Ich praktiziere und akzeptiere nur vernünftige, ergebnisorientierte Verhaltensweisen und Kommunikation.
  • Ich schlage eine Idee sofort vor, wenn ich sie habe oder höre (sofern sie besser ist als die derzeit vorherrschende Idee).
  • Ich unterstütze stets die beste Idee, unabhängig woher sie kommt und auch, wenn ich hoffe, dass später eine bessere Idee entstehen könnte.
  • Ich tue jetzt, was schlussendlich getan werden muss.

ICH STEHE NICHT ÜBER DEN ANDEREN

  • Ich strebe an, mehr zu verstehen als verstanden zu werden.
  • Ich spreche immer und nur dann, wenn ich glaube dadurch das Aufwand-Nutzenverhältnis des Teams zu verbessern.
  • Ich nutze vor allem bei schwierigen Aufgaben das Team.

ICH BIN FREIWILLIG DABEI, ICH VERLASSE WENIGER PRODUKTIVE SITUATIONEN...

  • ...wenn es mir nicht möglich ist, diese Verpflichtungen einzuhalten.
  • ...wenn es wichtiger ist, dass ich mich woanders engagiere.

Zum Profi-Check-in gibt es logischerweise auch einen Check-out.

Der Profi-Check-out

Der Check-out sorgt dafür, dass man die Verpflichtung zu den Team-Regeln wieder lösen kann. Dies geht mit ganz einfach mit "ich bin raus" oder "check-out". Man ist also nicht permanent theoretisch an die Verpflichtungen gebunden, sondern immer genau zwischen Check-in und Check-out. Das dafür sehr bewußt und ernsthaft.

Der Check-out kann auch während eine Meetings angewandt werden, allerdings ist es wichtig, dass die Person dann den Raum verlässt. Sonst würde ein Mischung von Personen entstehen, die an die Verpflichtungen gebunden und anderen, die sich nicht mehr daran gebunden fühlen.

Der Check-out wird im Team respektiert, unabhängig aus welchen Gründen jemand raus ist. Niemand folgt einer Person nach dem Check-out, keiner stellt Fragen oder redet über abwesende Personen. Keiner darf jemand, der raus ist beurteilen, beschämen, befragen oder bestrafen!

Diese Regeln sind Bestandteil der Teilnahme-Verpflichtung und erlauben es allen Teammitgliedern einfach einen Check-out zu machen, ohne die Aufmerksamkeit der andere zu stören. Und man kann ohne unnötige Aufmerksamkeit zurückkehren, sobald man es wieder schafft die Teilnahme-Verpflichtungen einzuhalten.

Bis zum Check-in Profi ist ein weiter Weg

Die Profi-Variante hat es voll in sich und ich würde gerne mal ein Team erleben, das in dieser Haltung zusammen arbeitet.

In meinem Umfeld gibt es dagegen viele Runden, die noch nicht einmal den einfachen Check-in machen können und wenn, dann nur mit einfachen Fragen, die kaum Vertrauen erfordern und aufbauen. Dennoch arbeite ich unaufhörlich daran, Teams auf ein höheres Niveau gegenseitigen Vertrauens zu bringen.

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